Rechtsanwalt in Hannover

Rechtstipp vom 26.09.2017
Dieselskandal: VW schuldet mangelfreie Neulieferung von Ersatzfahrzeugen

I. Urteil des LG Bochum vom 13.09.2017

Das Landgericht Bochum hat mit Urteil vom 13.09.2017 abermals gegen den Volkswagen-Konzern entschieden: Im Rahmen des Komplexes zum Abgasskandal hat es der Klägerseite das Recht zugesprochen, ein mangelfreies, fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion Zug-um-Zug gegen Rückübereignung des mangelbehafteten Fahrzeuges zu erhalten.

Urteilsgründe

In den Urteilsgründen betonen die Richter aus, das Fahrzeug mit dem von der Softwaremanipulation betroffenen Motor sei mangelbehaftet. Die eingebaute Abschaltsoftware stelle einen Mangel des Fahrzeuges dar. Der Käufer könne als Nacherfüllung seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Das Verlangen der Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache sei nach dem Wortlaut des § 439 BGB ohne Weiteres zulässig. Die Nachlieferung sei für die Beklagte auch nicht unverhältnismäßig. Es könne noch nicht abschließend die Frage beantwortet werden, ob das von der Beklagten angebotene Softwareupdate nicht etwaige nachteilige Folgen für das streitgegenständliche Fahrzeug habe. Auch ein Minderwert des Fahrzeugs lasse sich nicht ohne Weiteres belastbar ausschließen. Dies gelte nach Auffassung der Kammer umso mehr, als die differierende Berichterstattung über die Wirkung des Softwareupdates in Bezug auf das Fahrverhalten der Fahrzeuge, den Kraftstoffverbrauch, den Verschleiß von Einzelteilen etc. geeignet sei, den Verkehrswert des betroffenen Pkw zu beeinträchtigen. Es spiele dabei auch eine Rolle, dass die Beklagte eine Mangelhaftigkeit der betroffenen Fahrzeuge gerade nicht anerkenne, sondern nach wie vor behaupte, die Softwareupdates lediglich aus Kulanz durchzuführen.

Nach Auffassung des Gerichts stand der Beklagten in diesem Fall kein Anspruch auf Nutzungsersatz zu, da es sich vorliegend um einen Verbrauchsgüterkauf handele, sodass Nutzungen weder herauszugeben noch deren Wert zu ersetzen seien.

II. Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 17.08.2017

Ebenso hat das Landgericht Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 17.08.2017 einem Besitzer eines Skoda das Recht zugesprochen, ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion zu beanspruchen.

Urteilsgründe

Zur Begründung führt das Gericht aus: Das streitgegenständliche Fahrzeug sei mangelhaft, da die installierte Software zur Beeinflussung der Schadstoffemission im Testbetrieb einen Sachmangel darstelle. Der Pkw sei zwar verkehrstauglich, er weise aber nicht die Beschaffenheit auf, welche der Käufer nach der Art der Sache erwarten durfte. Folglich könne der Kläger die Art der Nacherfüllung (Nachlieferung oder Nachbesserung) frei wählen. Im streitgegenständlichen Fall beanspruchte der Kläger die Nachlieferung, mithin die Lieferung eines anderen, vergleichbaren Ersatzfahrzeuges.

Der Einwand der Beklagten, die Nachlieferung sei unmöglich oder unverhältnismäßig, greife nicht. Die Nachlieferung sei der Beklagten weder unmöglich – selbst wenn ein Modellwechsel stattgefunden haben sollte – noch sei sie unverhältnismäßig. Hierbei sei der Mangel von erheblicher Bedeutung. Im Falle einer unterbliebenen oder gescheiterten Nachbesserung drohe der Entzug der Zulassung des Fahrzeuges. Die Nachbesserung sei im Vergleich zur Nachlieferung im konkreten Fall für den Kläger auch erheblich nachteilhafter. Dies ergäbe sich daraus, dass derzeit noch ungewiss sei, ob das angebotene Software-Update nachteilige Folgen habe. Die Unsicherheit des Erfolges der Nachbesserung könne den Weiterverkaufswert des Fahrzeuges beeinträchtigen, da die negativen Äußerungen in der Öffentlichkeit über mögliche Folgen des von dem VW-Konzern angebotenen Software-Updates den Fahrzeugwert auch dann beeinflussten, wenn sie sich aus technischer Sicht als unzutreffend darstellen sollten. Im Übrigen begründet nach Auffassung des Gerichts bereits dieser hinreichende Mangelverdacht einen Mangel im Rechtssinne, sodass die Nachbesserung selbst nicht mangelfrei möglich sei. Es sei dem Kläger nach Meinung der Richter unzumutbar, sein Fahrzeug nochmals von demjenigen manipulieren zu lassen, der die ursprüngliche Manipulation zu verantworten habe.

Nutzungsersatz schulde der Kläger in diesem Fall nicht, da es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handele, bei dem Nutzungen weder herauszugeben noch deren Wert zu ersetzen sei.

III. Bewertung

Die Urteile zeigen nach unserer Auffassung die weiterhin bestehende Tendenz der Gerichte zu kundenfreundlichen Entscheidungen. Indes: Allein durch Zeitablauf drohen die Ansprüche zahlreicher Dieselbesitzer in diesem Jahr zu verjähren, bevor eine höchstrichterliche Entscheidung zu erwarten ist.

Wenn Sie zu den von dem Dieselskandal betroffenen Autobesitzern zählen und Ihre Rechte prüfen lassen wollen, helfen wir Ihnen gern und stehen Ihnen bei der Prüfung und Durchsetzung zur Seite. Ansprechpartner in unserer Kanzlei von Lilienfeld Rechtsanwälte sind Frau Rechtsanwältin Dr. Viviane von Lilienfeld-Toal (Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht) und Herr Rechtsanwalt Dr. Roland von Lilienfeld-Toal (Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht). Wir stehen unseren Mandanten bundesweit zur Verfügung. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

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