Rechtsanwalt in Hannover

Rechtstipp vom 05.05.2020
Corona: Anspruch aus Betriebsschließungsversicherung

Ausgangslage

Bundesweit verfügen viele Hoteliers, Gaststätten- und Cafébetreiber über Betriebsschließungsversicherungen bei unterschiedlichen Versicherern (z.B. Signal Iduna, Allianz, Ergo, Zurich, Nürnberger). Diese Versicherungen bieten Leistungen in dem Fall, dass bei Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) der versicherte Betrieb geschlossen wird (häufig Entschädigungszahlungen für bis zu 30 Tage).

Das Infektionsschutzgesetz enthält in den §§ 6 und 7 eine Aufzählung meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger. Da das Corona-Virus bis zur Feststellung der ersten Infektionen im Dezember 2019 in Wuhan (Volksrepublik China) unbekannt war, ist es im Infektionsschutzgesetz nicht namentlich benannt.

Anspruchsablehnung der Versicherer

Etliche Versicherer verneinen vor diesem Hintergrund derzeit den Versicherungsschutz und verweigern die Erbringung von Versicherungsleistungen. Stattdessen bieten sie ihren Kunden „Kulanzzahlungen“ i.H.v. 10-15 % der streitgegenständlichen Vertragsleistung an. Die Höhe dieses Betrages wird damit begründet, unter Berücksichtigung staatlicher Unterstützung (Kurzarbeitergeld, Soforthilfen) und ersparter Aufwendungen verbliebe bei ohnehin nur ein Schaden von ca. 30 % der diskutierten Leistung.

Die „Kulanzvereinbarungen“ sehen regelmäßig eine Abgeltungsklausel vor, wonach wegen des Vorfalls keine weiteren Ansprüche geltend gemacht werden können.

Unsere Einschätzung

Durch die vorgeschlagenen „Kulanzregelungen“ versuchen die Versicherer offenbar frühzeitig, sich vor einer drohenden Klagewelle zu schützen. So verständlich diese Haltung aus dem Erledigungsinteresse der Versicherer auch ist, dürfte damit in vielen Fällen eine Schlechterstellung der Versicherten verbunden sein.

U. E. spricht sehr viel dafür, dass die vertraglichen Ansprüche der Versicherten aus der Betriebsschließungsversicherung bestehen. Zwar hatte sich mit der versicherungsrechtlichen Beurteilung Corona-bedingter Betriebsschließungen bislang wohl noch kein bundesdeutsches Gericht zu befassen. Wesentlicher Inhalt der Betriebsschließungsversicherung ist aber die Absicherung der Betriebe vor Betriebsschließungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes. Aus der Perspektive des Versicherungsnehmers dürften vom Versicherungsschutz alle Krankheiten und Krankheitserreger erfasst sein, die Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz auslösen. Diese Vorstellung wird dadurch gestützt, dass die Einzelkrankheiten und Krankheitserreger in den Bedingungen diverser Versicherer ohnehin nur beispielhaft genannt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit hat bereits Ende Januar 2020 per Verordnung die Meldepflicht nach den §§ 6, 7 Infektionsschutzgesetz auch auf Infektionen mit dem Corona-Virus erstreckt Versicherer dürften daher Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherungen nicht allein deswegen verweigern können, weil die Benennung des Corona-Virus bei Vertragsabschluss naturgemäß nicht erfolgen konnte.

Was ist zu tun

Zunächst ist – wenn noch nicht geschehen – der Versicherungsfall dem Versicherer anzuzeigen. Die Versicherungsbedingungen sehen regelmäßig eine unverzügliche Meldeobliegenheit des Versicherungsnehmers vor.

Soll die Chance auf Bezug der vollständigen Versicherungsleistungen nicht gemindert werden, so spricht einiges dafür, die angebotenen „Kulanzvereinbarungen“ nicht zu akzeptieren und stattdessen auf die vollständige Leistung zu bestehen.

Wenn eine „Kulanzvereinbarung“ bereits unterzeichnet wurde, können sich die Versicherungsnehmer möglicherweise noch von dieser rückwirkend lösen, mit dem Ziel, vollständigen Versicherungsschutz zu erlangen.

Die Einzelheiten sind anhand des individuellen Sachverhaltes zu beurteilen.

Für diesbezügliche Prüfungen und Vertretungen steht Ihnen in unserer Kanzlei Rechtsanwalt Dr. Roland v. Lilienfeld-Toal zur Verfügung.

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